Rückschau auf 1. Metamoderne-Salon
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Von der Metakrise zur Metamoderne geht der Weg durchs Tal der apokalyptischen Tränen. Mitten in einem Epochewandel braucht es anderes Wissen...
Inhaltsverzeichnis

Wir im nuPerspective Instituts-Team waren überglücklich über den ersten Metamodernesalon. Das Grundsatzreferat von Helge Seekamp zeigt die wesentlichen Stichpunkte der Reise und führte zu spannenden Resonanzen. Einige davon sind in diesem Rückblick schon aufgenommen. Vielen Dank an alle Mitdenkende der ersten Stunde. Es geht 2025 weiter mit den Salon-Treffen. Termine folgen.

Ja, wir nehmen die Klimafrage sehr ernst und sehen sie als integralen Bestandteil der sogenannten Metakrise (siehe Studie dazu hier), die aber mehr beschreibt: eine umfassenden gesellschaftlichen, ökologischen und spirituellen Krise. Die Position des Instituts zeichnet sich durch folgende Aspekte aus:

1. Ernsthaftigkeit der Klimakrise

Seekamp fordert Theolog:innen und religiöse Institutionen dazu auf, die Klimakrise in ihrer ganzen Dringlichkeit zu thematisieren und in den Mittelpunkt von Predigten, Bildungsarbeit und öffentlicher Kommunikation zu rücken. Dazu später mehr im Weihnachtsblog. Er kritisiert, dass viele Kirchenvertreter:innen die Herausforderung bislang nicht ausreichend reflektiert haben, obwohl die Klimakrise die Zukunft der Menschheit und den Fortbestand der Schöpfung bedroht.

2. Verknüpfung von Ökologie und Spiritualität

Das Institut verfolgt einen Ansatz, der ökologische Verantwortung mit spirituellen Einsichten verbindet, z.B. das Konzept „Gaia” – verstanden als „Mutter Erde“ oder „unser gemeinsames Haus” – wird dabei nicht nur als ökologisches Konzept betrachtet, sondern auch als spiritueller Bezugspunkt. Es geht darum, Mitgefühl und Respekt für die Erde zu entwickeln, ähnlich wie in der spirituellen Ökologie und im Konzept der Klimagerechtigkeit, wie sie von theologischen Denkern wie Leonardo Boff oder Jürgen Moltmann vertreten werden. Der Gaia-Ansatz wurde auf Confusion der Bewegung „emergent Deutschland” reflektiert und hier noch nicht ausführlich zur Diskussion gestellt, kommt aber sicher bei den nächsten Treffen.

3. Apokalyptische Perspektive

Die apokalyptischen biblischen Texte werden vom nuPerspective Institut als Ressource genutzt, um die Dramatik und die Notwendigkeit eines epochalen Wandels zu verdeutlichen. Seekamp betont, dass diese Texte ursprünglich nicht nur das „Ende“ beschreiben, sondern Hoffnungsbilder für politische und soziale Umwälzungen liefern können. Unsere Ahnen im biblischen Narrativ waren also apokalypse-proofed und können uns einiges vormachen.

4. Resilienzförderung als Strategie

Das Institut plädiert für eine Resilienzstrategie, die über reines Krisenmanagement hinausgeht:

Resilienz 1.0: Wiederherstellung der bisherigen Strukturen.

Resilienz 2.0: Entwicklung neuer Antworten auf akute Krisen.

Resilienz 3.0: Transformation der Gesellschaft und ihrer Strukturen, um tieferliegende Muster der Metakrise zu durchbrechen und langfristige Lösungen zu finden .

Ein alternatives Konzept, das Widerstandsfähigkeit in großen Krisen ausdrücken könnte, ist „Adaptabilität” oder „Transformationsfähigkeit”. Im Unterschied zu Resilienz, das oft mit Stabilität und Wiederherstellung assoziiert wird, betont Adaptabilität die aktive Anpassung an neue Bedingungen und die Fähigkeit, sich weiterzuentwickeln.

Ein verwandter Begriff ist “Antifragilität”, geprägt von Nassim Nicholas Taleb. Antifragilität ist ein Konzept des Autors und Statistikers Nassim Nicholas Taleb, das über die klassische Vorstellung von Resilienz hinausgeht. Während Resilienz die Fähigkeit beschreibt, Störungen zu überstehen und zur ursprünglichen Form zurückzukehren, bezeichnet Antifragilität die Fähigkeit, durch Chaos, Stress oder Unsicherheiten stärker und besser zu werden.

Antifragilität beschreibt damit Systeme oder Gemeinschaften, die nicht nur Krisen standhalten, sondern durch sie stärker werden. Es geht darum, Chancen in Chaos und Unsicherheit zu erkennen und zu nutzen.

Transformation gehört also zum Begriff der Antifragilität und passt besonders gut in den Ansatz des nuPerspective Instituts. Sie wird hier mit „Resilienz 3.0“ sprachlich codiert und stellt nicht nur den Erhalt bestehender Strukturen in den Mittelpunkt, sondern erwartet und nutzt die aktive Neugestaltung von Narrativen, Werten und Systemen, um neue Wege aus der Krise zu finden.

Kernelemente der Antifragilität:

1. Lernen durch Stress: Antifragile Systeme gedeihen durch Herausforderungen und adaptieren sich, anstatt nur Widerstand zu leisten. Zum Beispiel können Muskeln durch Training stärker werden, wenn sie gezielt belastet werden.

2. Robustheit versus Antifragilität: Ein robustes System widersteht Störungen, ohne sich zu verändern. Ein antifragiles System nutzt Störungen als Gelegenheit zur Verbesserung. Ein einfaches Beispiel ist das Immunsystem: Es wird durch den Kontakt mit Krankheitserregern gestärkt.

3. Ungewissheit als Vorteil: Antifragile Strukturen profitieren von Unsicherheiten, Schwankungen und Veränderungen, während fragilere Systeme dadurch Schaden nehmen.

4. Dezentralisierung und Vielfalt: Antifragile Systeme sind oft weniger zentralisiert und zeichnen sich durch Vielfalt aus. Unterschiedliche Komponenten können auf verschiedene Arten auf Stress reagieren, was insgesamt die Überlebensfähigkeit erhöht.

5. Skin in the Game: Taleb betont, dass Akteure in antifragilen Systemen Eigenverantwortung übernehmen müssen, also „hautnah“ von den Konsequenzen ihrer Entscheidungen betroffen sind. Dies reduziert Risikoexzesse und fördert nachhaltiges Handeln.

Anwendung auf Krisen und Gemeinschaften:

In großen Krisen wie der Klimakrise oder gesellschaftlichen Metakrisen könnte Antifragilität bedeuten, dass Gemeinschaften nicht nur auf Veränderungen reagieren, sondern sie nutzen, um neue, nachhaltige Strukturen zu schaffen. Es erfordert Kreativität, Mut und die Fähigkeit, Altes loszulassen, um Platz für das Neue zu machen.

Das Konzept passt gut zu metamodernen Ansätzen, weil es Unsicherheiten und Komplexität nicht als Hindernis sieht, sondern als Chance, eine bessere Zukunft zu gestalten.

5. Bildungsarbeit und Aktivismus

Das Institut ermutigt Kirchen und Gemeinden, aktiv an der Lösung der Klimakrise mitzuwirken. Dazu gehört nicht nur politisches und gesellschaftliches Engagement, sondern auch eine Neubewertung theologischer Inhalte und die Entwicklung einer (antifragilen) „metamodernen Spiritualität”, die den Menschen in der heutigen Zeit Orientierung bietet und die Krise als Bestandteil der Entwicklung ins Gesamtbild integriert, sie also weder leugnet noch überbewertet. Klar ist, dass sich eine Epoche ihrem Ende nähert und etwas für uns völlig Neues ankündigt. Gewiss: Das ist noch nicht der Untergang der Menschheit, auch wenn die Gefahr dazu bestehen kann.

Wichtig ist, dass Klima-Kollapse jetzt schon mitten in unserer heutigen Gegenwart angekommen sind, sich aber nicht automatisch gleich als Apokalypse (gemäß der Hollywood-Bild-Logik) zeigen, sondern als krisenhafte Prozesse, die vermehrt und intensiver und überraschender auftauchen. Die Phase der stabilen Klimabedingungen der letzten 10.000 Jahre ist aber endgültig vorbei.

Zusammengefasst stellt Helge Seekamp mit seinem Institut die Klimafrage in einen breiteren Kontext von Metakrise, Spiritualität und gesellschaftlichem Wandel. Er sieht die Kirchen in einer besonderen Verantwortung, sowohl theologisch als auch praktisch zu handeln, um die Zukunft der Menschheit und der Schöpfung zu sichern.

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