2000 Worte | 7 Min. Lesezeit. Wir sollten über alle tagespolitische Themen die kommende apokalyptische Krise stellen: Die sich ankündigende Klimakatastrophe. Wir haben gerade noch knapp 7 Jahre bis 2030 (Kipp-Punkte warten nicht!). Ulrike Herrmann (Redakteurin bei der linken Tageszeitung TAZ) hat mit „Das Ende des Kapitalismus“ einen Bestseller für eine Lösung geschrieben, dessen Thesen weit über linke Kreise hinweg diskutiert werden. Die Journalistin ist sich sicher: Der Kapitalismus wird in dieser Form nicht überleben, was wir dringend benötigen, ist eine Kriegswirtschaft nach britischem Vorbild aus den 1940er. Schon einmal haben Preiskontrollen, Rationierungen und staatliche Produktionsaufträge dazu geführt, dass eine Bevölkerung nicht darben musste. Ich habe mal die YouTube Videos zusammengestellt, die uns über ihren Ansatz aufklären (inklusive Diskussionen darüber!).
Diese politische Langzeit-Perspektive ist eine Reaktion auf unseren aktuellen Krieg, den wir mit dem Klima angezettelt haben. Jesus – so könnte ich ihn mir heute vorstellen – würde ebenso sagen: Kehrt um, denn der apokalyptische Zorn Gottes ist nahe herbeigekommen. Ob und wie er von einer künftigen Gottesherrschaft reden würde? Das müssen wir noch diskutieren, erlauschen, entdecken.
Aber in einer aktuellen Bergpredigt des 21. Jahrhunderts kämen sicherlich solche aktuellen Thesen und ähnliche politisch-konkrete Vorschläge vor, wie U. Herrmann sie hier bringt. Ohne sie zum Messias zu machen, eins ist klar: Sie hat sich eine Position erarbeitet, die viel für sich hat und der widersprochen wird/werden kann. Aber bitte nur mit guten Gegenargumenten. Jesus selbst hatte die Pharisäer als Gegenüber, die ihm nicht einmal unbedingt widersprachen, sondern denen er in vielem zustimmte, um ihnen vorzuwerfen (Mt. 23, 3), dass sie ihre eigenen Thesen selbst nicht befolgen: „Alles nun, was sie euch sagen, das tut und haltet; aber nach ihren Werken sollt ihr nicht handeln; denn sie sagen’s zwar, tun’s aber nicht.“ Könnte unser Problem auch sein, dass wir vieles genau wissen, aber nicht zur Umsetzung gelangen? Daran ist ja der Klimaforscher Jem Bendell (und mit ihm viele) so verzweifelt, so dass er eine Tiefananpassung (Deep Adaptation) vor den kommenden Kollapsen als letzten Ausweg sieht.
Die Filme sind gewiss lang, haben aber den Charme, ihre Leidenschaft und argumentative Schärfe (und die ihrer Diskussionpartner:innen) hautnah zu erleben. Das kann ein Buch nicht geben.
Wer weniger Zeit mitbringt, liest jetzt erst einmal meine unten folgenden Exzerpte. Oder hier die Leseprobe aus ihrem Buch.
Die ersten 30 Min. Kurzvorstellung zum Aufschlag: systemischer statt moralischer Zugang. These: Kapitalismus ist auf Wachstum angewiesen, wir verbrauchen aber 3 Erden. Wir hoffen immer noch: grünes Wachstum wird uns retten: E-Auto als Symbol des „Weiter so“ …schön wäre es. Doch die Ökoenenergie wird teuer bleiben (ja, wirklich).
Problem: Sonnenenergie muss eingefangen werden… Solarpanele/Windräder bleiben als einzige vorhandene realistische Technik. Nur Strom wird co2-neutral herzustellen sein, … alles muss also auf Strom umgestellt werden (95% fehlen noch). Zwischenspeicher fehlen, sind noch teuer.
Ziel ist grünes Schrumpfen (degrow)… Ende des Kapitalismus ist nicht „Ende der Menschheit“, vgl. 50% Schrumpfen, das entspricht unserer Wirtschaft aus dem Jahr 1978 (wir waren genauso glücklich wie heute)!
Ökologische Kreislaufwirtschaft wäre „schön denkbar …“ dann reicht die Energie.
Wie kommt man da eigentlich hin?
Ohne unterwegs eine schwere Wirtschaftskrise zu provozieren. Man braucht eine organisierte „Transformation“ z.B. in diese Richtung:
Fliegen geht gar nicht (wahnsinnig viel Energie, auch efuels…. iss böse)
E-Auto ist Sackgasse, zuviel Energie wird verschwendet (Bus geht). Was wird aus Baden-Württemberg/Raum Braunschweig)
Banken: Kredite können nicht mehr getilgt werden. Banken am Ende /Lebensversicherung.
Fleisch radikal reduzieren – das geht heute schon individuell
Alternativlos!
Neue Arbeitsplätze wird es geben… klar. Ökolandbau, Windräder aufbauen.
Einkommen wird aber sinken
Wie jetzt praktisch? So: „Logik der Britischen Kriegswirtschaft…“ demokratische Planwirtschaft.
Schrumpfen der Friedenswirtschaft ist der interessante Teil: Rationierung beim Schrumpfen, das war bis 1954 populär. Alle kriegen das Gleiche. Zukunft ist Rationierung.Die Klimakrise wird es erzwingen: Erste Rationierung wird das Wasser sein in Deutschland. Oder zum Beispiel aus dem Ukraine Krieg 2022/23: Gasrationierung…
Die Alternative dazu ist chaotisch (Zusammenbruch der Systeme) oder wir müssten strategisch aus dem Kapitalismus aussteigen. Das wird noch anspruchsvoller.
Problem Zeiträume: wir haben 22 Jahre! 2045 Klimaneutral sein, so steht es im Grundgesetz.
UND: Mit dem Klimaschutz funktioniert es nicht, wenn die 1% Reichen nicht dramatisch (20x mehr als die anderen!) verzichten.
Der Vorschlag einer Einführung einer strategischen „Kriegswirtschaft“ zur Begegnung der Klimakatastrophe als Rettungsversuch:
Politik muss global dafür sorgen, dass die Wirtschaft
Eine demokratisch-proaktive strategischen Steuerung für einen grünen Umbau bekommt
z.B. müsste Berlin 2030 klimaneutral sein – Klimaschutzverpflichtungen
unsere besten grünen Innovationen werden es alleine nicht schaffen
Die Kriegswirtschaft:
Postwachstum, Kreisaufwirtschaft ja, aber sie werden nicht marktwirtschaftlich erzeugt. Hier muss politisch-strategisch gesteuert werden. Rationierungslogiken (Briten waren besser ernährt als vor dem Krieg) sind gerechter als Besteuerungslogiken
Ziel ist es das Wachstum der Wirtschaft zu vermindern. Reichtum ist dann vergleichbar mit Ende der 70ger
Umsetzung: Postwachstum geht (hoffentlich) demokratisch besser als wenn es durch äußere katastophische (Kollapse) Ereignisse erzwungen wird.
Frage: Wie soll diese Willensbildung demokratisch erreicht werden?
„Kriegswirtschaft“ auf unbestimmte Zeit…?
Müssen wir den Kapitalismus aufgeben, um das Klima zu retten? | Sternstunde Philosophie | SRF Kultur – YouTube
Bankenkrise, Klimakrise, Schuldenkrise – eine zufällige Häufung oder eine veritable Systemkrise? Immer öfters erklingt der Ruf nach einer radikalen Neuorientierung, ja nach einer Abschaffung des Kapitalismus. Ist die Forderung berechtigt oder naiv? Ein Streitgespräch. Der Kapitalismus war in Vielem ein Segen: Er hat Demokratie und Wohlstand gebracht und Millionen von Menschen aus der Armut gehievt. Darin sind sich die Wirtschaftsjournalistin Ulrike Herrmann und die Politikphilosophin Katja Gentinetta einig.
Gentinetta sieht deshalb keinen Anlass, den Kapitalismus aufzugeben. Zwar macht die Klimakrise deutlich, dass man mit den Ressourcen schonender umgehen muss. Gentinetta vertraut dazu aber auf Innovationskraft, Effizienzsteigerung und grünes Wachstum.
Herrmann, deren Buch „Das Ende des Kapitalismus“ die Bestsellerlisten gestürmt hat, ist dagegen pessimistisch: Der Kapitalismus beruhe auf Wachstum, und Wachstum sei zwingend gekoppelt an fossile Energien. Alternative Energien seien nicht früh genug in ausreichendem Mass vorhanden, um die grüne Wende ohne grundlegenden Systemwandel herbeizuführen. Alles eine Frage des Vertrauens in die menschliche Innovationskraft also? Oder in die Lektionen der Geschichte? Zeigt nicht das CS-Debakel, dass man grundsätzlich über Systemfragen reden muss? Barbara Bleisch trifft die beiden Expertinnen zum Streitgespräch. Themen in dieser Folge:
00:00 Ist die Bankenkrise Symptom einer grundsätzlichen Krise?
23:00 Kann es grünes Wachstum geben?
41:00 Brauchen wir eine Art Kriegswirtschaft?
50:00 Wie kommen wir aus der Krise raus?
Die «Sternstunde Philosophie» schlägt den grossen Bogen von der gesellschaftspolitischen Aktualität zu den Grundfragen der Philosophie: Wer ist wofür verantwortlich, worin besteht die menschliche Freiheit, was bestimmt unseren Lebenssinn? Zu Gast sind Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Kultur, Politik und Wirtschaft – Stimmen, die zum Denken anregen und unser Zeitgeschehen reflektieren und einordnen.
Moderation: Barbara Bleisch: Yves Bossart: / Wolfram Eilenberger
Wie soll das konkret gehen? Welche Maßnahmen machen Sinn?
25.531 Aufrufe Live übertragen am 14.11.2023
Im breiten Spektrum emanzipatorischer Politik ist allen klar: Die Wirtschaft braucht eine Transformation, möglichst sofort, um die Klimakrise oder die krasse Ungleichheit zu bekämpfen. Aber wie soll diese Transformation ökonomisch und demokratisch gestaltet werden? Wie lassen sich politische Widerstände überwinden? Darauf gibt es verschiedenste Antworten. In einer digitalen Debatte diskutieren Ulrike Herrmann (u.a. Wirtschaftsredakteurin bei der taz) und Maurice Höfgen (@MauriceHoefgen Geld für die Welt, der Kanal über die neue Geld-Theorie).
Ulrike Herrmann und die Kriegswirtschaft – Ep. 179 – YouTube
Ulrike Herrmann hat mit “Das Ende des Kapitalismus” einen Bestseller geschrieben, dessen Thesen weit über linke Kreise hinweg diskutiert werden. Die Journalistin ist sich sicher: Der Kapitalismus wird in dieser Form nicht überleben, was wir dringend benötigen, ist eine Kriegswirtschaft nach britischem Vorbild. Schon einmal haben Preiskontrollen, Rationierungen und staatliche Produktionsaufträge dazu geführt, dass die Bevölkerung nicht darben musste. Herrmanns Bezug auf die britische Kriegswirtschaft der 1940er-Jahre ist nicht ganz neu, einige Jahre zuvor haben Aktivisten und Theoretiker ähnliche Ansätze diskutiert, wenngleich manche von ihnen sich die US-amerikanische Kriegswirtschaft zum Vorbild nehmen wollen, um klimaneutrales Wirtschaften zu erreichen. In der neuen Folge von “Wohlstand für Alle” diskutieren Ole Nymoen und Wolfgang M. Schmitt, über die Vor- und Nachteile von Kriegswirtschaften.
Literatur: Ulrike Herrmann: Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden, Kiepenheuer & Witsch. Naomi Klein:
Die Entscheidung: Kapitalismus vs. Klima, S. Fischer. Bill McKibben: „We Need to Literally Declare War on Climate Change“, oder in: George Monbiot: „Think big on climate: the transformation of society in months has been done before“, in: Ina Zweiniger-Bargielowska: Austerity in Britain: Rationing, Controls, and Consumption, 1939-1955. Oxford University Press.