Postmoderner Faschismus im 21. Jahrhundert

Der Beitrag eines metamodernen Christentums angesichts der postmodernen faschistischen Gefahr

Strobls Rede betrachtet den Faschismus des 21. Jahrhunderts und argumentiert, dass er trotz des Versuchs, ihn als historisch zu betrachten, im Hier und Jetzt relevant ist. Die Sprecherin Natascha Strobl definiert Faschismus als eine palingenetische, ultranationalistische Ideologie, die auf gewaltsame "Wiedergeburt" abzielt und sich in der Praxis als gemeinschaftliche Gewaltanwendung manifestiert.

Sie analysiert die Genese des Faschismus und identifiziert gesellschaftliche Frustration und die Auflösung der Hegemonie als Hauptursachen. Darüber hinaus beleuchtet die Rede die Rolle von Verschwörungserzählungen, den traditionalistischen Charakter des heutigen Faschismus mit feudalen und kastenartigen Vorstellungen, den Wandel des Nationalismus zu transnationalen, ethno-pluralistischen Räumen, den digitalen und territorialen Imperialismus sowie die Idee der Selektion als zentrales Element.

Abschließend plädiert die Sprecherin für Solidarität und Kooperation als Gegenstrategie zu den destruktiven Kräften des Faschismus und des Neoliberalismus. Was konkret kann ein metamodernes Christentum beitragen, um diese Gegenkräfte in der Gesellschaft stark zu machen?

Gehalten auf der re:public 2025 am 26. Mai 2025 | Referentin: Politikwissenschaftlicherin Natascha Strobl.

Einleitung:

Natascha Strobls Vortrag widmet sich der Untersuchung des Faschismus im 21. Jahrhundert, einer Form, die sich von historischen Ausprägungen unterscheidet und oft in modernen Kontexten verkannt wird. Sie betont die Notwendigkeit, Faschismus nicht nur historisch zu betrachten, sondern seine Anwendbarkeit im Hier und Jetzt zu erkennen und seine Genese, Inhalte und Formen zu analysieren.

Kernkonzepte des Faschismus (nach Strobl):

Im Blick auf die von Natascha Strobl analysierte Bedrohung durch den Faschismus im 21. Jahrhundert sieht sie eine klare Aufgabe für eine pluralitätsliebende Demokratiebewegung.

Strobl stellt fest, dass es zwei Gegenden gibt: den Neoliberalismus und den Faschismus. Der Neoliberalismus schafft ihrer Ansicht nach nicht nur die Bedingungen für den Faschismus, sondern zerstört auch die Werkzeuge, mit denen dieser bekämpft werden könnte.

Die Grundlage für Strobls Gegenstrategie ist ihr Verständnis der menschlichen Natur. Sie ist überzeugt, dass Menschen gut sind und die überlegene Eigenschaft der Menschheit Kooperation ist. Sie argumentiert, dass die Menschheit nur so weit gekommen ist, weil sie die Wichtigkeit von Kooperation und gegenseitiger Verlässlichkeit erkannt hat.

Allerdings haben 40 Jahre Neoliberalismus laut Strobl dazu geführt, dass uns beigebracht wurde, Einzelkämpfer zu sein ("Ellenbogengesellschaft") und alle als Konkurrenten zu betrachten, was nicht unserer Natur entspricht.

Die erstrebenswerte Lösung und konkrete Aufgabe besteht demnach darin, die gesellschaftliche Infrastruktur, Netzwerke und Communities wieder aufzubauen und zu stärken. Es müssen wieder soziale Räume geschaffen werden, die nicht nach ökonomischer Nützlichkeit funktionieren. Diese Räume wurden in den letzten Jahrzehnten "gestohlen" und müssen "wieder errungen" werden.

Diese Räume funktionieren nach dem Prinzip der Solidarität. Strobl betrachtet Solidarität als das Antidot gegen Faschismus. Sie ist davon überzeugt, dass Solidarität tief in uns verankert ist und nennt als Beispiel den Impuls, jemandem auf der Straße aufzuhelfen, ohne dessen Identität oder Verdienst zu hinterfragen. Der Faschismus versucht aktiv, gegen diese Solidarität anzukämpfen und Menschen zur Brutalität zu erziehen.

Die konkrete Aufgabe ist es also, die solidarischen Gegenentwürfe in Nachbarschaften, Vereinen, Familien, Freundeskreisen und Gemeinschaften nach oben zu kehren und zu stärken. Innerhalb dieser Gemeinschaften sollten wir uns überlegen, "wie wir eigentlich leben miteinander" wollen und ob es nicht besser geht als die derzeitige Realität.

Strobl ist fest davon überzeugt, dass es wert ist, für eine bessere Welt zu kämpfen. Sie glaubt tief in sich drinnen, dass nicht alles immer schlechter werden muss, sondern es auch "viel viel besser geht als das was wir jetzt erleben".


Basierend auf der Analyse von Natascha Strobl zur Bedrohung durch den Faschismus im 21. Jahrhundert und den thematischen Schwerpunkten des „metamodernen Christentums", lassen sich mehrere Beiträge identifizieren, die diese Form des Christentums im Kampf gegen faschistische Weltbilder und Utopien leisten könnte:

  1. Wiederaufbau von Solidarität und Gemeinschaft:
    • Natascha Strobl sieht in der Solidarität das zentrale Antidot gegen den Faschismus. Faschismus versucht, Menschen zur Brutalität zu erziehen und gegen die menschliche Natur der Kooperation anzukämpfen. Der Neoliberalismus hat diese Fähigkeit zur Kooperation durch die Förderung von Individualismus und Konkurrenz geschwächt und die dafür notwendigen sozialen Räume zerstört.
    • Eine zentrale Aufgabe sieht Strobl im Wiederaufbau gesellschaftlicher Infrastruktur, Netzwerke und Communities sowie der Schaffung sozialer Räume, die nicht nach ökonomischer Nützlichkeit funktionieren.
    • Das „metamoderne Christentum” wie es im Labor/Newsletter bisher diskutiert wird, scheint genau solche Räume und Netzwerke anzubieten oder zu fördern. Formate wie der Metamoderne-Salon®, das Kollaps Camp können als konkrete Versuche verstanden werden, solche nicht-ökonomisch motivierten sozialen Räume zu schaffen, in denen Menschen zusammenkommen, sich austauschen und Gemeinschaft erleben können.
    • Durch die Stärkung dieser Gemeinschaften und Netzwerke, die auf einem Prinzip der Solidarität ("wie wir eigentlich leben miteinander") basieren könnten, leistet ein solches Christentum einen Beitrag zur Festigung der von Strobl als entscheidend erachteten Gegenkraft zum Faschismus.
  2. Entwicklung neuer, gegenläufiger Narrative:
    • Faschismus gedeiht laut Strobl auf Verschwörungserzählungen, die in fragmentierten Zeiten Kohärenz, Sinn, ein klares Gut-Böse-Schema und ein Feindbild bieten. Diese Narrative sind eine Grundbedingung für den modernen "Kulturkampffaschismus". Faschismus beruft sich auch auf traditionalistische Theoretiker und ein zyklisches Weltbild, das eine Dekadenzdiagnose stellt und eine gewaltsame Überwindung (Apokalypse) anstrebt, um ein goldenes Zeitalter wiederherzustellen.
    • Die Quellen des nuPerspective Instituts betonen wiederholt die Notwendigkeit „neuer Narrative", einer „Narrativen Theologie" und der Neuinterpretation bestehender Erzählungen (Bibel, Geschichte). Es wird explizit nach neuen (geistlichen) Geschichten zur Klimakrise gesucht, die kollektives Handeln in den Mittelpunkt stellen. Konzepte wie die "Humanistische Futuristik", "Protopia" als Alternative zu Utopie/Dystopie oder eine radikal neue Lesart von Theologie deuten auf den Versuch hin, alternative Weltbilder zu formulieren.
    • Durch das Angebot kohärenter, sinnstiftender Narrative, die sich explizit mit den Krisen der Gegenwart auseinandersetzen (Klimakrise, Metakrise, Kollaps) und dabei kollektive Lösungen betonen statt individuelle heroische Rettung oder die Suche nach Sündenböcken, kann dieses Christentum den Boden entziehen, auf dem faschistische Verschwörungs- und Traditionalismus-Narrative wachsen. Die Betonung von "Polyphon verstehen" steht zudem im Gegensatz zur faschistischen Vereinfachung.
  3. Konfrontation mit Krisen statt Verdrängung:
    • Strobl sieht die Quelle des Faschismus in der Frustration, die aus ungelösten Krisen (Finanzkrise, soziale Krisen, Klimakrise, Repräsentationskrise, Parteiensystem-Krise) entsteht. Eine „Verdrängungsgesellschaft" verspielt ihre Chancen.
    • Die Quellen des metamodernen Christentums stellen sich explizit der "Metakrise" und dem drohenden "Kollaps" (insbesondere Klimakollaps). Es wird die Notwendigkeit betont, den Klimakollaps „ehrlich anzusprechen". Auch die Krise der Kirche wird thematisiert. Es geht darum, „kollapsfähig in die Zukunft zu stolpern" und Strategien für „postappellative politische Strategien" zu entwickeln.
    • Indem diese Form des Christentums die Krisen der Gegenwart nicht verdrängt, sondern thematisiert, analysiert und versucht, theologische und philosophische Rahmenbedingungen für ihren Umgang zu entwickeln, wirkt sie der Frustration entgegen, die Faschismus nährt. Das Suchen nach Antworten und Handlungsstrategien ("Was ist zu tun?") kann Menschen ermächtigen, sich den Problemen zu stellen, statt sich autoritären oder faschistischen "Lösungen" zuzuwenden, die auf Terror und Selektion basieren.
  4. Engagement und Widerstand:
    • Strobl betont, dass Faschismus als gemeinschaftliche Praxis der Gewalt auftritt und dass Herrschaft des Terrors die Zerstörung des Rechtsstaats bedeutet. Sie spricht von der Notwendigkeit, solidarische Gegenentwürfe zu stärken.
    • Die Quellen des metamodernen Christentums sprechen von „aktivistischem Widerstand" und der Frage, wie man „anders in den aktivistischen Widerstand gehen" könnte. Sie lernen von Klimaaktivisten und diskutieren die Rolle einer „politischen Predigt". Die grundlegende Haltung scheint das Ringen um eine bessere Welt zu sein („Welt besser machen!", "Es lohnt sich, für eine bessere Welt zu kämpfen" - letzteres ist Strobls Zitat, korreliert aber mit der Stoßrichtung der Quellen).
    • Ein engagiertes, zur politischen Predigt und zum aktivistischen Widerstand bereites Christentum kann eine praktische Manifestation der von Strobl geforderten Gegenbewegung sein. Es stellt sich der brutalisierten Realität und dem Terror nicht durch Rückzug oder „Weltflucht" (eine Tendenz, die in den Quellen kritisch hinterfragt wird), sondern durch aktive Teilhabe und Gegenwehr im öffentlichen Raum.
  5. Herausforderung faschistischer Ideologie (Traditionalismus, Selektion):
    • Strobl identifiziert den Traditionalismus mit seiner Ablehnung der modernen/postmodernen pluralen Gesellschaft und seinen Ideen einer Kastengesellschaft und feudalistischen Strukturen als Kernmerkmal des modernen Faschismus. Auch die faschistische Selektion, die entscheidet, wer lebenswert ist, ist zentral.
    • Das „metamoderne Christentum" setzt sich explizit kritisch mit „Christentum und rechte Logiken” auseinander. Die Suche nach einem neuen Jesusbild und einer jesuanischen Ethik, die Fragen um Macht, Krieg und Frieden behandelt, könnte eine Grundlage bieten, faschistische Interpretationen von Autorität, Gewalt und sozialer Ordnung zurückzuweisen. Die Betonung der „pluralitätsliebenden Demokratiebewegung” (Teil der Fragestellung, aber implizit in den Werten der Quellen wie "Polyphon verstehen") steht im direkten Widerspruch zur faschistischen Ablehnung des pluralen, komplexen Staates. Das Streben nach „kollektivem Handeln" zur Rettung der Welt widerspricht der faschistischen Selektionslogik, die manche ausschließt.
    • Durch die kritische theologische Auseinandersetzung mit den ideologischen Wurzeln des Faschismus (Traditionalismus, rechte Logiken) und das Angebot alternativer ethischer und sozialer Vorstellungen (Pluralität, Kooperation, kollektives Handeln) leistet ein solches Christentum einen Beitrag zur intellektuellen und moralischen Bekämpfung faschistischer Denkweisen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein metamodernes Christentum einen wichtigen Beitrag leisten könnte, indem es die von Strobl identifizierten Schwachstellen der demokratischen Gesellschaft (Mangel an Solidarität, Fehlen starker Gegen-Narrative, Verdrängung von Krisen) angeht. Es bietet Räume für Gemeinschaft, entwickelt alternative, resilienzfördernde Narrative und ruft zu engagiertem, kollektivem Handeln im Angesicht der Krisen auf, um so die notwendige solidarische Gegenkraft zum Faschismus in der Gesellschaft zu stärken.

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