Was kann Kirche lernen von einem linken Klimaktivisten? Tadzio Müller beschreibt im TAZ-Interview lebendig und engagiert seine Entwicklung aus dem Antikohle-Klima-Aktivismus und wie er durch seine Ent-Täuschung profitiert hat. Er konnte die Verdrängung verlassen und berichtet das eindrücklich (in seinem Buch, aber auch im Interview).
EIn Klimaaktivist geht durch die Klima-Depression
Tadzio Müller (Jahrgang 1976) ist Politikwissenschaftler und Klimagerechtigkeitsaktivist »der ersten Stunde« (taz). 2009 war er federführend in der Mobilisierung zum Cop15-Klimagipfel in Kopenhagen; ab 2011 Deutschlands erster Referent für Klimagerechtigkeit (Rosa-Luxemburg-Stiftung); sowie Mitbegründer und später Pressesprecher der Anti-Kohle-Kampagne »Ende Gelände«. Auf seinem Blog friedlichesabotage.net treibt er Strategiedebatten in der Klimabewegung voran.
Ein Postautomnomer steigt also aus seinem bisherigen „Glauben” aus (die aktivistische Klimabewegung nennt er seine säkulare „Gemeinde”) und findet zu einem anderen, dem Kollapsakzeptanz-Glauben. Dies ging (notgedrungen) nur durch eine Depression. Du musst durch den „Strom des Shits” durchwaten... Seine Worte und hoffen, dass es kein Meer ist...
Als Vorbereitung für den 1. Metamoderne-Salon und unser Erwachen aus der Verleugnung (schon 2020 durch Jem Bendell), und die meisten von uns auch aus der spezifisch „christentümlich-gläubig” geframten Verleugnungskultur kommen (mit den Stichworten: „Hoffnung, Glauben, Liebe”, ”Reich Gottes”-Utopien usw.)...
Ich war überrascht, wie anschlussfähig und zugleich fremd seine Sicht auf die Gesamtlage (politisch, klimaökologisch und psychologisch) für mich ist. Frage dich mal, was lässt sich aus seiner Perspektive und seinen Thesen und Einschätzungen über unsere Gesellschaft für christlichen Glauben oder Aktivismus lernen? Ich bin sehr berührt, wie verschiedene Praxen der (freshX-)Kirche und seine Ideale der solidarischen Kollaps-Perspektive zusammenfinden könnten. Schreib mir im Kommentar, ob es dir ähnlich anregend ergeht wie mir!
Vielleicht werden wir uns sehen auf dem Kollaps-Camp 2025 (das er mitorganisiert) ODER MINDESTENS in UNSEM METAMODERNE SALON 🙂
Es geht um die Schlüsselfrage: Welche Erzählung(en) wird/werde jetzt wirksam? Was macht (noch) Sinn angesichts des sicheren Klimakollaps?
Aus seinem Spezialgebiet als Politikwissenschaftlicher können wir lernen: Was macht politisch-gesellschaftlich wirksame Kommunikation aus? Es sind emotional wirksame Narrative, also Emotionen erzeugende Resonanzen , die Menschen bewegen.
Als betroffener Klimaaktivist fragt er sich (nachdem sich durch 20 Jahre Klimabewegung und UNO und grünen Politiken nichts geändert hat - nicht nur in Deutschland...): Welche Narrative sind jetzt plausibel und vor allem im Bewusstsein in Minderheitensituation zu stecken, weil die Mehrheit eben verdrängt und offen rassistisch ausagiert - )/„man wird doch mal sagen dürfen”!).
Ich ahne ein bisschen durch sein Preaching, was das Evangelium, aka die „gute Nachricht mitten im Kollaps der Systeme”, für unsere Zeit sein könnte.
Tadzios Zukunftsanalyse eines Mitte-Gesellschafts-Kollaps 🙂
Wir stehen am Anfang einer "posthegemonialen" Welt, in der das Ende der Pax Americana, die gesell. Überforderung qua Polykrise, und das Erreichen planetarer Grenzen (less stuff to go around) dazu führt, dass Kompromisse immer schwieriger werden.
Wir stehen am Anfang einer Zukunft, die von immer mehr intra- und intergesellschaftlichen Konflikten gezeichnet sein wird, die eben nicht durch das nettmittebürgerliche "Wir setzen uns zusammen und besprechen das ruhig und rational" zu klären sein werden (Öffnet in neuem Fenster).
Wir stehen vor einer Zukunft, die von Gewalt und Konflikt, anstatt Frieden und Kompromiss gekennzeichnet sein wird, diesmal auch (and that's really the main difference) in den "kapitalistischen Zentren", die Gewalt und Konflikt sonst lieber auslagern (Öffnet in neuem Fenster).
Ich verstehe, warum Peter Unfried, einer der klügsten Fürsprecher der verschwindenden Mitte ("die letzten Humanist*innen"), zunehmend postfaktisch und appellativ argumentieren muss: seine Mitte isch over; sie hat keine Vorschläge, keine Mechanismen mehr, sie bietet den ihren keine existentielle Sicherheit mehr. Sie kann nicht mehr versprechen, zu tun, wofür sie delegiert ist: by any means necessary dafür zu sorgen, dass sich im Kern alles gleich bleibt, auch, wenn sich dafür alles ändern muss. Sie kollabiert praktisch, intellektuell, und, wie wir sehen (werden), auch ethisch.
Mit unfriedlichen Grüßen, Tadzio (und Helge gleich mit 🙂